12.06.2019 campus-leben

Das bewegte Leben Georges Simenons

Hoffmann und Campe zu Gast am mediacampus

Reicht ein Abend, um einen Autor kennen zu lernen, der vor 30 Jahre verstorben ist? Nein!

Auch wenn es beim Verlagsabend mit Hoffmann und Campe am 12. Juni nicht ausschließlich um den belgischen Autor Georges Simenon (1903-1989) ging, stand die neue Taschenbuchreihe, die ab Juli in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verlag Kampa bei Atlantik, einem Imprint von Hoffmann und Campe, erscheint, im Mittelpunkt der Veranstaltung. Aus Hamburg war Verkaufsleiter Moritz Klein nach Frankfurt gekommen. Ihn begleitete Peter Wiebel, der als Verlagsvertreter unter anderem für Hoffmann und Campe tätig ist. Für Klein war es nach langer Zeit ein Wiedersehen mit dem Campus. Vor zehn Jahren war er, damals noch als Volontär, bei einem anderen Verlag, schon einmal für eine Abendveranstaltung in der Piper-Lounge.

Zunächst stellte Klein den über 60 Auszubildenden Geschichte, Profil und Programm des renommierten Hamburger Verlagshauses vor. Der 1781 gegründete Verlag Hoffmann firmiert seit 1810 unter dem heutigen Namen, als August Campe (1773-1836), Schwiegersohn des Gründers Benjamin Gottlob Hoffmann (1748-1818), ihn übernommen hatte. Dessen Sohn Julius Campe (1792-1867) übernahm den Verlag 1823 und legte die Grundlage für den Ruf als Publikationsort für die Dichter des Vormärz und des Jungen Deutschlands. Bis heute ist der Verlag verbunden mit Namen wie Heinrich Heine (1797-1856), Karl Gutzkow (1811-1878) und anderen herausragenden Autoren, darunter Nobelpreisträger, viele (ehemalige) Politiker und Schriftsteller, die das 20. Jahrhundert literarisch stark geprägt haben. Mit dem vor fünf Jahre etablierten Imprint Atlantik setzt der Traditionsverlag auf populäre und unterhaltende Literatur sowie populäre Sachbücher.

Im Anschluss schilderte Klein das bewegte Leben Georges Simenons, den er zu Recht als «Autor der Superlative» bezeichnete. Der Belgier, der es allein in den letzten zehn Jahren auf 1,3 Millionen verkaufte Exemplare in Deutschland gebracht hat, der die Grundlage für 400 Fernsehfilme und 70 Kinoproduktionen geliefert hat und dessen Bücher sich weltweit 800 Millionen mal verkauft haben, schrieb teilweise bis zu 80 Seiten am Tag und musste sich nach einem solchen Trancezustand nicht selten übergeben. Simenon veröffentlichte so zwischen drei und sechs Romanen im Jahr. Fluch und Segen liegen hier jedoch nah beieinander, denn es führte auch dazu, dass ihm der Makel des Vielschreibers anhaftete. Auf der anderen Seite gab und gibt es viele anerkannte Autoren, die ihn geradezu als Inspirationsquelle bezeichnet haben. Der Philosoph Walter Benjamin (1892-1940) und der Regisseur Federico Fellini (1920-1993) schätzten das Werk Simenons ebenso wie heute der Schriftsteller Ferdinand von Schirach. Die Frage, ob Simenon auch 30 Jahre nach seinem Tod noch aktuell ist, stellt sich demnach eigentlich nicht.

Zwischen 2019 und 2026 sollen nun insgesamt 174 Bände Simenons bei Atlantik veröffentlicht werden. Im Juli startet die ambitionierte Reihe mit den ersten acht Titeln. Wiebel, der als Verlagsvertreter schon in zahlreichen Buchhandlungen die Neuausgabe Simenons vorgestellt hat, riet den Auszubildenden, sich auf die Lektüre des Autors einzulassen. Er selbst war mit dem Werk bis vor kurzem auch nicht vertraut, lobte jedoch den eruptiven Stil des energiegeladenen Schriftstellers und betonte ausdrücklich, dass man beim Lesen Lust auf mehr bekomme. Für Buchhandlungen hat sich der Verlag noch einen besonderen Bonus einfallen lassen, der insbesondere für Sammler der gesamten Reihe interessant ist: Über Hoffmann und Campe können abstempelbare Sammelkarten bezogen werden. Hat ein Kunde eine solche Sammelkarte vollständig, kann die Buchhandlung über den Verlag dem Kunden eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Nach der kurzweiligen und spannenden Veranstaltung hatten die angehenden Buchhändler und Medienkaufleute noch Gelegenheit, sich Leseexemplare mitzunehmen und bei einem Stück Pizza und einem Getränk mit Klein und Wiebel ins Gespräch zu kommen. Reicht ein Abend, um einen Autor kennen zu lernen, von dem man noch sehr viel lesen möchte und in den nächsten Jahren reichlich Gelegenheit bekommen wird? Ein definitives Ja! Wir danken dem Verlag Hoffman und Campe, Moritz Klein und Peter Wiebel für die großartige Abendveranstaltung, die schönen Leseexemplare und die leckere Pizza.

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