Die höchste Form von Glück ist das Wiederfinden des Vergessenen
In «Phlox» begibt sich Jochen Schmidt in ein Sommerferienidyll Namens Schmogrow im Oderbruch.
Der Autor Jochen Schmidt ist, wie er selbst zugibt, gerne offline. Nicht zuletzt hat der dadurch sogar auch die Nominierung seines neuen Romans «Phlox» für die Longlist des deutschen Buchpreis um einige Tage verpasst.
Umso größer war natürlich die Freude, als der Autor sein im C.H.Beck Verlag erschienen Roman, in einer online Abendveranstaltung am mediacampus vorstellte.
Am Abend des 04.10.2022 zog es etwa 65 Azubis vor ihre PCs um den Worten des Autors zu lauschen. Durch den Abend führte mit spürbarer Begeisterung Silke Pfeiffer, die am mediacampus als Junior Dozentin tätig ist.
Bevor der Inhalt des Buches zur Sprache kam, begann der Abend mit einer Ausführung des Autoren über die Form der Literatur, die er in seinen Werken vertritt. Für ihn ist es wichtig «Tolle Sätze und Gedanken» zu formulieren, und eines sei gesagt, daran mangelt es «Phlox» wahrlich nicht. Er möchte der Verknappung, die zum Trend geworden ist, lange Sätze entgegensetzten und versuche so die Literatur zu retten.
Für Schmidt ist die Zusammenfassung des Inhalts für einen Klappentext eine größere Hürde als das Verfassen des eigentlichen Buches, was angesichts seines Schreibstils mehr als verständlich ist. Trotzdem würden wir gerne versuchen den Inhalt kurz wiederzugeben.
In «Phlox» begleiten wir Richard Sparka auf dem Weg nach Schmogrow im Oderbruch. Dieser ist bereits aus «Zuckersand» einem früheren Roman von Schmidt bekannt. Dort begab er sich zusammen mit seinem Sohn Karl auf eine Art Roadmovie zu einer Bushaltestelle, bei dem Vater und Sohn zusammen die Welt endeckten.
Nun reist Richard, zusammen mit Sohn Karl, Tochter Ricarda und Frau Karla, ein letztes Mal zum Ferienhaus der Familie Tatziet, den Ort, an dem er in seiner Jugend die Sommer verbracht hat. Dabei reist er auch immer wieder gedanklich in die Vergangenheit. Die Gedankengänge von Richard werden von dem Autor sehr realistisch an das eigentliche Erinnern angepasst, so dass sie keiner Ordnung folgen und in kleinen Details verlaufen.
In der Geschichte finden sich viele persönliche Einflüsse des Autors wieder, der Ostberliner hatte auch seine Ferien oft im Brandenburgischen verbracht.
Passend zu dem Tag der Deutschen Einheit am Vortag der Veranstaltung, ist auch Richard auf seiner Reise mit der Transformation der ehemaligen DDR konfrontiert. Richard, der im Roman, an einer «Studie der Schönheit» schreibt, leidet unter der «Verhässlichung» der Welt, die laut Jochen Schmidt in der Form der «Verstadtlichung» der Dörfer im Osten im schnelldurchlauf stattfand.
Doch nicht nur die äußerliche Veränderung des Kindheitsidylls ist ein Thema des Romans. Sondern auch der Vergleich einer kindlichen Betrachtung eines Ortes der als sorgenfreies Paradies erinnert wird, gegen die erwachsene Reflexion, mit der Erkenntnis, dass dort im vermeintlichen Paradies auch Brüche und Schrecken stattgefunden haben, wie man sie nur für die nicht perfekte Welt weit ab von diesem Idyll vermutet.
Auch wenn das Buch uns auf die unschönen Seiten des Erwachsenseins aufmerksam macht, schafft es trotzdem das Gefühl eines endlosen Ferientags im Sommer zurück in uns aufleben zu lassen.
Wir bedanken uns herzlich bei Jochen Schmidt für die Einblicke in seine Gedanken über diesen bittersüßen Roman. Und hoffen für die zukünftigen Azubis am Campus, dass er mit dem dritten Band dieser Romanreihe (von dem er ausgeht, dass es ihn hoffentlich geben wird) erneut hier zu Gast sein wird.
Carolin Johns und Otto Ritter, 225. Block