06.01.2023 campus-leben, veranstaltungen

Carlsen Manga! zu Besuch am mediacampus

Der japanische Comic erobert die Welt

ようこそ! (yōkoso)
Willkommen!

Das neue Jahr am mediacampus frankfurt startete direkt mit einer unglaublich spannenden Online-Veranstaltung: Am 6. Januar 2023 durften wir Kai-Steffen Schwarz, der seit 1998 bei Carlsen arbeitet und seit 2005 Programmleiter bei Carlsen Manga! ist, gebannt lauschen, während er einen faszinierenden Abriss über die Ursprünge und Entwicklung des Manga (漫画) – grob gesagt des japanischen Comics – lieferte.

An die 100 Zuschauer:innen (beinahe alle Lernenden am Campus) nahmen an der Veranstaltung teil(!): Das Zeichen dafür welcher Beliebtheit sich Manga erfreuen! Wie Kai betonte, sind Manga schon längst kein Randphänomen mehr und haben sich – gelesen von treuen Fans in mittlerweile 3. Generation – von Vorurteilen, die Kai treffend als «Quatsch mit Soße» bezeichnete, und Tabus emanzipiert.

Kai hat vom beeindruckenden Werdegang des Manga erzählt: Bereits im Japan des 12. Jahrhunderts lassen sich die ersten Vorläufer in den als «Chōjū-giga» (鳥獣戯画 – Tierkarikaturen) bezeichneten Schriftrollen finden! Der Begriff «Manga» taucht erstmals 1814 mit der Skizzensammlung «Hokusai Manga» des gleichnamigen und sicherlich vielen von uns bekannten Künstlers Hokusai auf (Schöpfer des Farbholzschnittes «Die große Welle vor Kanagawa»). In den 50er Jahren leitete Osamu Tezuka, liebevoll wie ehrerbietend als «Gott des Manga» (漫画の神様 – manga no kami-sama) bezeichnet, offiziell und unwiederbringlich die Ära des Manga, wie wir ihn heute kennen und lieben, ein.

Tezukas Werke «Kimba, der weiße Löwe» (ジャングル大帝 – janguru taitei) und «Astro Boy» (鉄腕アトム – tetsuwan atomu) ebneten den Weg zu einem umsatzstarken Produkt, das heute in Japan umgerechnet mehrere Mrd. Euro einspielt, weit über 12.000 Neuheiten zu verbuchen hat und von dem über 300 Mio. Printausgaben verkauft werden – und das jährlich!

Kein Wunder also, dass Manga globale Bekannt- und Beliebtheit errungen und es in den 80er/90er Jahren (endlich) auch auf den deutschen Markt geschafft haben. Einen ersten Anlauf wagte 1982 Rowohlt mit einer Rororo-Ausgabe von «Barfuß durch Hiroshima» (はだしのゲン – hadashi no gen) von Keiji Nakazawa.

Knapp 10 Jahre später, 1991, folgte Carlsen unter dem Label Carlsen Comics mit «Akira» (アキラ – akira) von Katsuhiro Otomo und veröffentlichte die erste deutschsprachige Manga-Reihe überhaupt! (Damals noch spiegelverkehrt, denn in Japan wird traditionell von rechts nach links gelesen). Mit Herausgabe von «Dragon Ball» (ドラゴンボール – doragonbōru) von Akira Toriyama – der erste Manga in Deutschland, der in japanischer Leserichtung erschien – ergatterte Carlsen Comics die Lizenz zum Siegertreppchen, denn heute gehört Dragon Ball zum meistverkauften Manga deutschlandweit!

Die Erfolge von Akira und Dragon Ball führten zur Gründung von Carlsen Manga!, denn es war klar: es werden viele weitere Manga folgen. Heute gehört Carlsen Manga! zum erfolgreichsten Manga-Verlag in Deutschland und vereint Top-seller wie «One Piece» (ワンピース – wan pīsu) von Eiichirō Oda, «Naruto» (ナルト – naruto) von Masashi Kishimoto, «Attack on Titan» (進撃の巨人 – Shingeki no Kyojin) von Hajime Isayama sowie seit Anfang 2022 «Tokyo Revengers» (東京卍リベンジャーズ – tōkyō manji ribenjās) von Ken Wakui.

Kai berichtete: Manga sind «DIE Gewinner-Kategorie in den deutschsprachigen Märkten». Bemerkenswert ist zudem: Nach den «Corona-Shutdowns leg(t)en Verkäufe im stationären Handel zu»! Daraus lässt sich logischerweise schließen, dass es für Buchhändler:innen nur sinnvoll sein kann, sich mit Manga auseinanderzusetzen.

In einem abschließenden Interview hatte ich ein, zwei neugierige Fragen an Kai. Zum Beispiel wollte ich gerne wissen, welche seine persönlichen Herzens-Manga und Manga-ka (Bezeichnung für Manga-Zeichner:innen) sind (hier eine Auswahl):

Manga:
«Pluto» (PLUTO) von Naoki Urasawa: Eine Neuinterpretation von Tezukas Meisterwerk Astro Boy.
«Billy Bat» (ビリーバット – birībatto) von Naoki Urasawa und Takashi Nagasaki: Ein überraschender Thriller aus einer genialen Mischung aus Disney und Superheldencomic.

Manga-ka:
Jirō Taniguchi: berühmt für seine alltagsbezogenen, realistischen und ruhigen Geschichten, die sich vor allem an ein erwachsenes Publikum richten.
Inio Asano: berüchtigt für seinen herausragend detailverliebten und realistischen Stil und seine vielschichtigen, charakterfokussierten Geschichten.

Zudem war ich interessiert an Kais Gründen, Manga zu lesen:
Wer sich auf Manga einließe, könne von unheimlich tollen Geschichten überrascht werden! Hervorzuheben seien die ambivalenten Figuren, denn es gäbe kein typisch Gut und Böse. Ein Manga habe eigentlich nichts mit dem Zeichenstil, sondern viel mehr etwas mit dessen Charakteren zutun: die Geschichten seien auf die Figuren angelegt und anstatt von einer zur nächsten Szene zu springen, nehme sich der Manga Zeit für die Charakterentwicklung. Letztendlich sei im Manga ALLES möglich!

Lieber Kai,
ありがとうございました! (arigatō gozaimashita)
Vielen Dank, dass Du Dir für diese wundervolle Abendveranstaltung und unser Interview Zeit genommen hast! Und ein riesiges Dankeschön für die unverschämte Möglichkeit, uns aus dem Carlsen Manga!-Programm Leseexemplare aussuchen zu dürfen!

さようなら! (sayōnara)
Tschüss!

Tanja Brandt, 226. Block

 

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