Am Montag, den 18. März durften wir Matthias Grätzer und Lea Artmeyer vom Unionsverlag aus Zürich bei uns in der Piper Lounge willkommen heißen.
Matthias Grätzer ist vor 16 Jahren über ein Volontariat im Betrieb in den Unionsverlag gekommen und geblieben und leitet den Vertrieb. Er ist zuständig für den Kontakt zu den Buchhandlungen und Vertreter:innen, außerdem plant er den Verlagsauftritt auf Messen. Auch die Auflagenzahl bestimmt er und prüft, dass immer genug Bücher bei der Auslieferung verfügbar sind.
Lea Artmeyer kam nach einem Afrikastudium auch über ein Volontariat vor sechs Jahren in den Verlag, «irgendwie geht man zum Unionsverlag, um da zu bleiben». Sie arbeitet im Lektorat und macht dort alles mit Text im und um das Buch und gestaltet auch die Cover und plant Projekte.
Zuerst wurde uns etwas zum Verlag selbst und seiner Geschichte erzählt. Der Unionsverlag steht für internationale Literatur. Es werden Autor:innen verlegt, die aus ihren eigenen Lebensrealitäten und Kulturen heraus schreiben, Fenster öffnen und den Horizont erweitern. Keine spezifische Sprache oder Region steht im Fokus, sondern eine «weltliterarische Normalverteilung», wie Matthias Grätzer es nennt. Utopische Wunschvorstellung ist, die Länder, wie sie auf der Welt vertreten sind, so auch im Unionsverlag abzubilden, bisher sind es 129 Länder und 40 verschiedene Sprachen.
1975 lief Gründer Lucien Leitess im Revolutionseifer zum Notar, um seinen eigenen Verlag zu gründen. Das erste Buch erschien: «Ich wünsche Euch des Weltenalls Erbeben – Gedichte und Erzählungen aus dem Kampf der Schweizer Arbeiterklasse» von Lisel Bruggemann. Es war noch mit der Schreibmaschine gesetzt, mit der Schere gelayoutet und mit Leim geklebt. In den 80er Jahren zog der Verlag dann aus der Küche in ein eigenes Büro – mit zweiter Schreibmaschine. Mit der Zeit blieb es nicht beim Kommunistischen, sondern ging raus in die Welt. Der Verleger nahm sich vor, ein sechsbändiges Lexikon der Weltliteratur durchzuarbeiten – bis M hat er es geschafft (weshalb relativ viele Autor:innen mit Nachnamen mit den Anfangsbuchstaben A bis M vertreten sind …).
Uns wurden einige Bücher und Autor:innen vorgestellt, die die Verlagsgeschichte prägten. Beispielsweise Yaşar Kemal und Assia Djebar, die jeweils mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurden. Außerdem Nagib Machfus, Literaturnobelpreisträger 1988, der den Verlag vor dem Bankrott rettete mit einer Nachfrage von «300 Exemplaren in drei Jahren und dann 30.000 in drei Minuten».
Der mit Abstand größte Verlagsbestseller ist «Dshamilja» von Tschingis Aitmatow, dessen Gesamtwerk der Verlag auch führt.
Außerdem haben wir über die Bedeutung der Unions-Taschenbücher (UT) für den Verlag erfahren. Dadurch können viele Backlist-Titel geführt werden, für die man sonst die Rechte verlieren würde, und viele Werke von vielen Autor:innen im Programm (be)halten. Das aktuell erschienene UT 1000 wurde übrigens bewusst mit Martina Clavadetschers «Vor aller Augen» besetzt. Auch weitere Titel aus dem aktuellen Programm wurden uns vorgestellt.
Ein spannender Abend über einen tollen Verlag, der uns freundlicherweise eine große Auswahl an Titeln aus dem Verlagsprogramm als Leseexemplare zur Verfügung gestellt hat. Ein großer Dank an Matthias Grätzer, Lea Artmeyer und den ganzen Verlag in Zürich!
Josephine Wunderberg, 232. Block